CfP: Interdisziplinäre Tagung „Netzwerke – Performanz – Kultur“

via Daniel Reupke:

 

Veranstalter: Arbeitskreis Netzwerke und Kultur der Deutschen Gesellschaft für Netzwerkforschung (DGNet) in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Musiktheater (fimt)

Datum, Ort: 12. + 13. Dezember 2019, Schloss Thurnau bei Bayreuth

Deadline: 02. September 2019

 

Spätestens seit der kulturellen Wende in der Netzwerkforschung besteht mehr oder weniger Konsens darüber, dass Netzwerke und Kultur in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zueinanderstehen. Aus unterschiedlichen Forschungsperspektiven wird die Beziehung zwischen Netzwerken und Kultur seither auf theoretische wie methodische Implikationen geprüft, in unterschiedlichem Ausmaß problematisiert und analysiert. So vielfältig die damit verknüpften Forschungsansätze und Untersuchungsgegenstände sind, so vage bleibt das Begriffspaar mitunter. Als zentrale Analysekategorie kann Performanz mit ihren Dimensionen Handlung und Wirkung dazu beitragen, das komplexe Verhältnis zwischen Netzwerken und Kultur genauer auszuloten, zu konzeptualisieren und etwaige Leerstellen zu identifizieren.

Ausgehend von einem breiten Kulturbegriff zwischen everyday performance und Hochkultur und sowohl in Bezug auf menschliche und nicht-menschliche Entitäten können in einem Netz verschiedene performative Vorgänge ausfindig gemacht und analysiert werden. Die interdisziplinären Performance Studies ermöglichen einen fruchtbaren Dialog zwischen unterschiedlichsten Fächern und erlauben beispielsweise folgende Perspektiven:

  • Relationen und Performanz: Davon ausgehend, dass sich soziale Beziehungen in Netzwerken performativ konstituieren, möchte die Tagung eruieren, welche Handlungs- und Wirkmechanismen den Relationen in Netzwerken zugrunde liegen. Welche Arten von Beziehungen und Akteuren treten in einem Netzwerk auf und in welcher Weise? Wie werden Relationen handelnd initiiert, reproduziert und strukturiert? Inwieweit wird an performativen Vorgängen das Funktionieren oder Nichtfunktionieren einer Beziehung erkennbar? Durch welche rituellen oder symbolischen Akte werden z.B. amouröse Beziehungen angebahnt, etabliert oder beendet?
  • Kulturell bestimmte Netzwerkdynamiken: Wie unterscheiden sich darüber hinaus die kulturellen Skripte der Konstitution von Beziehungen zwischen (lokalen) Kulturen? Inwieweit nehmen kulturelle settings sowohl in diachroner als auch in synchroner Hinsicht Einfluss auf die Dynamiken in Netzwerken? Werden z.B. Liebes- oder Freundschaftsbeziehungen in Amerika anders als in China angebahnt? Welche Rolle spielen Übersetzungs- und Vermittlungsleistungen zwischen Kulturen, z.B. mit Blick auf globale Migrations- und Transferprozesse?
  • Kulturspezifische Netzwerkrelationen: Schließlich erscheint es vor diesem Hintergrund naheliegend, dass Typen von Beziehungen an kulturelle Referenzsysteme gebunden sind und zwischen Kulturen variieren. Haben beispielsweise weak ties und strong ties in unterschiedlichen kulturellen Räumen andere Funktionen? Variiert die Bedeutung von Freundschaft, Kooperation, Liebe, Konkurrenz etc. in (lokalen) Kulturen?
  • Performative Kulturgenese: Versteht man Kultur als in Kollektiven etablierte Formen der Praxis sowie deren gegenwärtige wie historische Objektivationen, erscheint Performanz auch als zentraler Ansatzpunkt zur Analyse von Kulturgenese. Wie wirkt sich z.B. der Kooperationsmodus in Produktionsnetzwerken auf die inhaltliche Ausgestaltung von Filmen aus? Welchen Einfluss nehmen die in einer Gesellschaft genutzten Medien auf die Sprache, Denkmuster und Handlungsweisen dieser Gesellschaft?
  • Kulturelle Effekte und Strukturen durch Netzwerke: Geht man weiter davon aus, dass künstlerisches Schaffen im engeren Sinne ein interaktiver Prozess ist, stellt sich die Frage, wie die Konfiguration von Netzwerken die Verbreitung und Entwicklung von Kultur strukturiert. Mit Blick auf Phänomene der Populär- sowie der Hochkultur und unter Berücksichtigung von (Inter)Medialität und Materialität wirft dies Fragen nach der Diffusion, Distribution und Reproduktion von Kultur respektive kultureller Artefakte in Netzwerken auf (z.B. über soziale Medien oder im Verlauf von Theateraufführungen). Durch welche Medien (z.B. Film, Text, Bild, Fotografie) wird Kultur vermittelt, welche (technischen) Plattformen (z.B. YouTube, Facebook, Twitter) spielen eine Rolle im Rahmen von Vernetzungs- und Transferprozessen? Wie wirkt sich beispielsweise das Netzwerk von MusikerInnen, RegisseurInnen oder KünstlerInnen auf deren künstlerisch-ästhetisches Werk aus?
  • Modellierung und Visualisierung: Schließlich ist ebenso danach zu fragen, wie das komplexe Verhältnis von Netzwerken, Performanz und Kultur empirisch untersucht werden kann. Texten werden in der Netzwerkforschung häufig Graphiken oder Tabellen von Netzwerken gegenübergestellt und in den Performance Studies stehen neben Beschreibungen oft Fotografien oder Videos der analysierten Abläufe. Wie können etwa die Veränderung von Performanz und Netzwerkstrukturen über die Zeit oder die Verbreitung von performativen Prozessen in Netzwerken visualisiert oder modelliert werden?

 

Im Rahmen der geplanten Tagung will der Arbeitskreis Netzwerke und Kultur der Deutschen Gesellschaft für Netzwerkforschung (DGNet) in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Musiktheater (fimt) diese Interdependenzen zwischen Netzwerken, Performanz und Kultur fokussieren. Wir laden dazu ein, Forschungsarbeiten aus diesem Spektrum im Plenum zu präsentieren oder in kollegialen Werkstattgesprächen zur Diskussion zu stellen. Das Tagungsprogramm wird gerahmt von Keynote-Beiträgen der Theaterwissenschaftlerin und Philosophin Anna Seitz und des Medien- und Netztheoretikers Dr. Sebastian Gießmann. Die Möglichkeit zur Publikation der Vorträge in einem Sammelband der Reihe Thurnauer Schriften besteht.

 

Bitte senden Sie ihren Vorschlag für einen aktiven Beitrag in Form eines Abstracts von max. 500 Wörtern zusammen mit Kurz-CV bis zum 2. September 2019 per E-Mail an: Thurnau2019@gmail.com. Bitte geben Sie auch an, ob der Beitrag als Vortrag, Werkstattgespräch oder beides eingeordnet werden soll. Allen Interessierten steht darüber hinaus die passive Teilnahme offen. Um vorherige Anmeldung an Thurnau2019@gmail.com wird gebeten. Reisekosten können nicht erstattet werden, eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben.

Published by Marten Düring
August 12, 2019

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